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"Schwarzbauten verjähren nie" vs. § 40 Stmk. BauG

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  •  christian2021
5.8. - 17.8.2021 1
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Liebes Forum! Ich habe längere Zeit mit großem Interesse hier mitgelesen und möchte nun selbst aktiv werden.

Hintergrund: wir erwägen, mittelfristig mein Elternhaus in der Steiermark zu übernehmen und zu renovieren. Ich möchte aber, bevor ich mich überhaupt auf eine große Investition einlasse, soviel Rechtssicherheit wie möglich haben, alles 100% "sauber" haben und überhaupt selbst die Rechtslage ausreichend verstehen; deshalb habe ich mich mit dem Steiermärkischen Baugesetz und der dazugehörigen Judikatur näher beschäftigt.

Das Haus wurde bereits vor dem Zweiten Weltkrieg gebaut und in den Jahrzehnten danach öfters größer und kleiner saniert, in den 80er Jahren auch mit einem größeren Zubau versehen.

Ich gehe zwar prinzipiell davon aus, dass in meiner Familie immer alles baurechtlich ordentlich gemacht wurde, aber die Hand ins Feuer legen kann ich zwei, drei Generationen später auch nicht wirklich, zumal ich sowohl juristisch als auch bautechnisch Laie bin. Ich habe aber mit Erstaunen gelesen, dass in Österreich gerade "kleinere" Schwarzbauten wie nicht bewilligte Dachbodenausbauten o.ä. quasi an der Tagesordnung stehen oder zumindest früher standen.

Nun frage ich mich, ob diese Thematik mich aufgrund des § 40 Stmk. BauG überhaupt wirklich gefährden könnte. Es heißt immer, dass Schwarzbauten in Österreich nie verjähren. Aber wie anders als eine Verjährung könnte man das interpretieren, was dort im Gesetz steht?

§ 40 (1): "Bestehende bauliche Anlagen und Feuerstätten, für die eine Baubewilligung zum Zeitpunkt ihrer Errichtung erforderlich gewesen ist und diese nicht nachgewiesen werden kann, gelten als rechtmäßig, wenn sie vor dem 1. Jänner 1969 errichtet wurden."

Das würde für mich heißen, dass der Altbestand des Hauses auf jeden Fall rechtlich gesichert ist, selbst wenn z.B. eklatante Mängel wie zu geringe Grenzabstände oder zuviel Höhe vorliegen würden.

§ 40 (2): "Weiters gelten solche bauliche Anlagen und Feuerstätten als rechtmäßig, die zwischen dem 1. Jänner 1969 und 31. August 1995 errichtet wurden und zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen wären."

Das verstehe ich so, dass der Zubau in den 80er Jahren zumindest dann rechtlich gesichert ist, wenn keine eklatanten baurechtlichen Mängel vorliegen und man z.B. "nur" die Gemeinde nie kontaktiert hat (nach dem Motto "interessiert eh keinen", "passt schon alles").

Stimmt das, was ich mir hier zusammenreime?

Zusatzfrage: Ich habe auch gelesen, dass der VfGH einmal eine Regelung in NÖ aufgehoben hat, die jahrelang zurückliegende Schwarzbauten legalisiert hätte. Warum ist dann § 40 (insbesondere Absatz 1) im Stmk. BauG kein Problem?

Vielen Dank! :)

P.S.: Selbstverständlich würde ich bei Konkretisierung des Projekts auf der Gemeinde vorstellig werden und ggf. einen Anwalt hinzuziehen. Ich hätte nur gern schon vorher mehr Hintergrundwissen.

  •  cc9966
  •   Gold-Award
17.8.2021  (#1)
Es ist leider in österreichisches Problem. Es wird nicht kontrolliert, weil Bügermeister die erste Baubehörden-Instanz ist und dieser nah seinen direkten Wählern nicht ungut mit Kontrollen begegnet. Zudem ist auch viel Verharberung speziell in Touristmusorten gegeben, in St. Wolfgang war ja fast jedes Haus von zwei Jahrzehnten ein Schwarzbau, der Nachfolge-Bürgermeister wollte das nicht mehr schultern und hatte dann gerichtliches Nachspiel für Wegschauen des Vorgängers und viele baurechteliche Verfahren für die Hotelliers.

Das Gesetz ist hart, was nie genehmigt wird kann man nicht mit ersessenen Recht zu Recht machen. Ein Bestandschutz gibt es nur für Dinge und Normen, die damals genehmigt wurden und später aufgrund neuerer strengeren Normen und Gesetze so nicht genehmigt werden würde. Aber für etwas, was damals nicht genehmigt wurde (sprich Abweichungen zu genehmigten Bauplan im Bauakt der Gemeinde) gibt es und gab es nie ein Bestandschutz.

Aber trotz hartem Gesetz wird weich bis nicht kontrolliert. Wenn sich der politische Wille ändert oder die Behörden-Instanz zu einer von der Region unabhängigern höheren Behörde geschoben wird, dann könnte es Probleme geben. Weil bei Kontrollen wird man vermutlich bei jedem dritten Haus Probleme haben mit nicht entsprechenden Normen oder nicht genehmigten Raumnutzugen und überhaupt Planabweichungen der Aussenkubaturen. Bei der Hälfte der in den 70iger-90iger-Jahren ausgebauten Dachböden geht man davon aus, dass mehr Wohnfläche eingebaut wurde als eingereicht oder überhaupt keine Bauanzeige/-bewilligung eingereicht wurde.

Darum schauen alle weg, keiner will sich mit dem breiten Volk anlegen. Man muss sich überlegen, wie weit der Ist-Zustand genehmigungsfähig ist. Das kann man mit Einblick in Bauakt und mit einerm Architekten/planenden Baumeister erörtern. Den Beamten vom Bauamt würde ich nicht damit konfrontieren, dass der Bestand abweicht bzw. nur dann wenn dir die Redlichkeit so wichtig ist dass es egal ist schlafende Hunde zu wecken. Ich denke dass eine Mitwisserschaft für diesen auch unangenehm ist und er selbst evtl. Aktenvermerke mit unangenehmen Folgen anfertigen könnte, um sich vor Aussagen "das wisst ihr vom Amt ja eh schon lang" schützen zu können.

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