« Heizung, Lüftung, Klima  |

Märchen von der Abkühlung bei Gewitter

Teilen: facebook    whatsapp    email
  •  Benji
  •   Gold-Award
20.6.2014
3 Antworten 3
3
Guten Morgen allerseits,

nach längerem (berufsbedingtem) Zeitmangel hab ich mich mal wieder etwas mit meiner Meßtechnik beschäftigt.
Mitte Juni war es bereits einige Tage sehr heiß draußen, bis am 12. Juni mittags ein stärkeres Gewitter bei uns niederging. Dieses Gewitter führte zu einer schlagartigen Abkühlung. Gut fürs Klima im Haus, möchte man glauben. Soweit das Märchen....

Das erste Bild zeigt den Verlauf der Außentemperatur und die relative Luftfeuchtigkeit der Zuluft (Achtung! Zuluft, also bereits nach dem Wärmetauscher!)


2014/2014062063930.PNG

Da mein Ansaugkasten im Osten steht, brennt da am Vormittag Vollgas die Sonne drauf, deshalb die 35°, tatsächlich waren es draußen etwa 32°.

Ziemlich genau um 12 Uhr zogen dann blitzartig Wolken auf. Sonne weg, Wind => Außentemperatur fällt steil ab. Vom Temperaturunterschied kriegt die Zuluft fast nix mit, da der Wärmetauscher die Zuluft recht konstant auf etwa 25° hält, deshalb ändert sich die relative Feuchte anfangs auch kaum.

Etwa um 13:15 setzt dann starker Regen ein, die Feuchtigkeit steigt stark an. Egal, möchte man meinen, immerhin hat es ja nur mehr 19°, schön kühl, also Fenster auf und durchlüften.... soweit das Märchen.

Das zweite Diagramm zeigt jetzt statt der relativen Feuchtigkeit die "Enthalpie" der Zuluft an. Enthalpie ist der "tatsächliche" Wärmegehalt, in den neben der Temperatur auch die latente Wärme der Feuchtigkeit eingeht. Hier sieht man recht eindrucksvoll, dass das Gewitter zu keiner echten Abkühlung führt, im Gegenteil, durch die Luftfeuchtigkeit steigt sogar der Wärmeeintrag ins Haus: es wird schwül.


2014/20140620272182.PNG

Schlußfolgerung: Lüften bei (oder eher nach) einem Gewitter kann durchaus kontraproduktiv sein....

  •  Benji
  •   Gold-Award
20.6.2014  (#1)
noch ein Märchenich hab mir die Meßdaten nochmal angesehen, und noch was spannendes entdeckt:

Zwei Meßpunkte: 11.6. und 13.6. jeweils 15 Uhr nachmittag: Temperatur im Haus jeweils 23.5°C, Luftfeuchtigkeit im Haus jeweils ca. 60%, das heisst: eigentlich kühl, aber schwül.

Der Unterschied liegt in der Außentemperatur: am 11. hatte es über 31°, am 13. "nur" 21°

Frage: Wann soll ich die Lüftung eher hochdrehen, wann eher zurückdrehen?

Erste Antwort: "was für eine dumme Frage! Natürlich lüften wir Vollgas, wenns draußen kühler ist als drinnen; und selbstverständlich drehen wir die Lüftung ab, wenns draußen unerträglich heiß ist, schließlich wollen wir uns ja die Hitze nicht ins Haus holen!"

Wie so oft: Die erste Antwort ist falsch emoji

Betrachten wir nämlich die Feuchtigkeit, so dreht sich das Bild: am 11. (heißer Tag) hatte die Zuluft (nach dem Wärmetauscher) zwar fast 25°, aber dafür nur 27% Feuchtigkeit. Dagegen am 13. (kühler Tag) nur 23°, dafür aber über 80% Feuchte.

Rechnet man das in absolute Feuchte (oder auch Enthalpie) um, so zeigt sich, dass ich mir am kühlen aber extrem schwülen Tag mit der Lüftung wesentlich mehr Feuchte und damit latente Wärme ins Haus hole als ich abtransportiere, während am heißen Tag die Lüftung sogar noch Wärme aus dem Haus befördert! Also genau umgekehrt: Am heißen tag Lüften was das zeug hergibt!

ich werd wohl meine ohnehin schon gepimpte CO2-Steuerung noch um eine Feuchte-Steuerung erweitern...



1
  •  leitwolf
  •   Silber-Award
20.6.2014  (#2)
@Benji: Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Die Behaglichkeit ist nicht nur von der Temperatur, sondern auch von der Feuchte abhängig.
Ich würde mir aber trotzdem um die Lüftungsanlage, wenn sie CO2-geregelt ist, keine Sorgen machen, da der energetische Input gering ist. Viel wichtiger ist das Fensterlüftungsverhalten (und die Beschattung). Dabei kann man einiges falsch machen.
Typischer Fehler im Sommer: Fenster auf, damit leichte Zugluft im Raum entsteht. Das fühlt sich auf der Haut kühl an, bringt aber an einem heißen Sommertag viel Wärme ins Haus. Besser: Fenster zu und im Aufenthaltsbereich einen energieeffizienten Ventilator mit geringer Drehzahl laufen lassen, wenn es trotz passiver Maßnahmen zu einer Überwärmung im Raum kommen sollte.


1
  •  Benji
  •   Gold-Award
20.6.2014  (#3)
Wolfgang, danke für die bestätigung!

"Sorgen" mach ich mir eh keine, aber ich bin halt chronisch auf der Suche nach Optimierungsmöglichkeiten (das ist so eine Krankheit von mir, "das bessere ist der Feind des Guten")

Besonders die absolute Feuchte hat es mir angetan, und hier sind die Werte nciht ganz unerheblich: Wenn ich ein Delta absolute Feuchte von 12g/m³ erreiche, sind das bei 100m³/h schon über ein Liter Wasser pro Stunde, die ich aus dem Haus befördern kann, oder auch nicht. Wenn alle im garten sind, haus leer und dicht verschlossen und gut beschattet, sinkt der CO2-Wert, Lüftung geht auf Minimum. Obwohl viel Potential da wäre , Wasser rauszupumpen...


1


Thread geschlossen Dieser Thread wurde geschlossen, es sind keine weiteren Antworten möglich.

Nächstes Thema: Referenz Firmen - Lüftung