Hallo,
@leitwolf hat im HTD folgenden Beitrag verfasst:
Ich will das Thema einmal ohne Glauben und Hoffen, nur mit Erfahrung aus der langjährigen Praxis und Messungen an Anlagen, die älter als 15 Jahre sind, darstellen. Ich war in einer Projektgruppe tätig, die sich mit dem Thema vor mehreren Jahren interdisziplinär (Lüftungstechnik und Hygiene) beschäftigt hat.
Macht es energetisch bzw. komforttechnisch Sinn, kann man damit einen fühlbaren Effekt erzielen (Entfeuchtung bzw. Raumkühlung)?
Energetisch stehen im Hochsommer je nach Bodenbeschaffenheit und Grundwassernähe noch bis zu 5 W je m³/h zur Verfügung. Da der EWT der WRG des Lüftungsgerätes vorgeschalten ist, muss der Bypass genutzt werden. Dadurch kann die hocheffiziente Wärme-/Feuchterückgewinnung im Gerät nicht zur Abkühlung bzw. Trocknung genutzt werden. Der Wärmetauscher liefert im Hochsommer, da wo man sich eine Klimatisierung wünscht, eine ähnliche Leistung, wie der EWT. Da Feuchterückgewinnung im Sommer oftmals besser entfeuchtet, als ein EWT, sind die Leistungen bezogen auf die Gesamtenthalpie vergleichbar.
Eine Entfeuchtung ist bei 30 bis 40m Länge nur im Frühsommer möglich. Bis zum Sommer ist das Erdreich so weit erwärmt, dass eine Entfeuchtung nur mehr kurzzeitig, d. h. bei extrem schwüler Witterung stattfindet.
Für die Nutzer ist nur ein sehr sehr geringer Effekt spürbar. Vergleichbar ist das mit der Wirkung der Abdunkelung eines mittelgroßen Dachflächenfensters bezogen auf das gesamte Haus.
Macht ein EWT im Winter Sinn?
Moderne Geräte verfügen über eine exakt leistungsgeregelte Frostschutzheizung. Andere Frostschutzstrategien (Abschaltung des Gerätes oder reiner Abluftbetrieb) sind nicht mehr zeitgemäß. Energieeffiziente Geräte benötigen für die Frostfreihaltung je nach Witterung zwischen 20 und 100 kWh pro Jahr, bedarfsgeregelte Lüftungen etwas weniger. Geräte mit Enthalpietauscher kommen meist ohne Frostschutz aus.
Bevor es solche Geräte gab, war der EWT oftmals die einzige energieeffiziente Möglichkeit, um nicht externe Vorheizregister (ungeregelt und ineffizient) einbauen zu müssen. Berücksichtigt muss auch noch der zusätzliche Druckverlust werden, den der EWT verursacht.
Steigt die Zulufttemperatur bei Vorwärmung der Außenluft durch den EWT?
Die heutigen Wärmetauscher sind so effizient, dass die Zulufttemperatur relativ unabhängig von der Außentemperatur bleibt, d. h. maßgeblich durch die Ablufttemperatur bestimmt wird. Wird die Außenlufttemperatur durch Vorwärmung so weit erhöht, dass diese über der Taupunkttemperatur der Abluft liegt, so sinkt die Wärmerückgewinnung, da im Gerät keine Kondensationsenergie zurückgewonnen werden kann. Es hat also auf die Zulufttemperatur nur sehr geringe Auswirkungen, ob die Außenluft vorgewärmt wird, oder nicht.
Wie sieht es mit der Hygiene von Luft-EWT aus?
Im Winterbetrieb findet im Regelfall immer eine Erwärmung statt, d. h. die relative Feuchte im EWT sinkt gegenüber der Außenluft.
Im Sommerbetrieb ist das umgekehrt. Tagsüber wird die Luft abgekühlt und die Luftfeuchte ist meist über 80% rel. Feuchte. Da trotz Filterung an der Ansaugstelle, Substrat eingetragen wird, kann dies zu mikrobiellem Wachstum führen. Selbst Feinfilter können Zellbestandteile dieser Keime nicht vollständig abscheiden. In Deutschland ist es im Gegensatz zu Österreich und der Schweiz noch eher unüblich Feinfilter in der Zuluft (im Gerät) einzubauen.
In Österreich hat man daher auf nationaler Ebene entschieden, Luft-EWT dezidiert nicht zu empfehlen. Die Erfahrungen in der Branche sind durchgehend negativ.
Ich habe selbst mehrere Anlagen mit Kameras durchfahren. Die Verlegung mit durchgängigem Gefälle funktioniert meist nicht so wie gewünscht. Ich habe relativ oft ungleichmäßige Setzungen gesehen. Rohrbrüche, eingewachsene Luftwurzeln an Verbindungsstellen, Wassereintritte, etc. waren auch immer wieder zu sehen. Rohre mit Verbindungsstellen, die sich biegen, bergen die Gefahr, dass Radon durch den Unterdruck an den Verbindungsstellen angesaugt wird.
Ich habe selbst in meinem EFH (Errichtung 2000-2002) in guter Absicht einen Luft-EWT mit 35m Länge rund ums Haus realisiert und natürlich auch Messungen gemacht. Ich würde den Aufwand nicht wieder treiben. Das Budget ist meist wo anders besser angelegt, als bei einem Luft-EWT.