« Heizung, Lüftung, Klima  |

·Grundwissen· Estrich Ausheizen - Fakten und Mythen

  
Teilen: facebook    whatsapp    email
  •  rabaum
  •   Gold-Award
5.10. - 6.11.2024
5 Antworten | 3 Autoren 5
11
16
Estrich Ausheizen - Fakten und Mythen
Aus gegebenem Anlass, weil es bei einem Freund bald so weit ist, und aus manchen Ecken schon wieder die Mythen hochkommen, wollte ich ein paar Fakten aus vergangenen Threads zusammentragen. 

Was sind die Kernaussagen der ÖNORM?
Was haben die Gewerke Estrichleger, Estrichhersteller, Installateur zu verlangen bzw. zu liefern?

Wozu überhaupt ausheizen?
Die unterschiedlichen Zielsetzungen des Ausheizens werden oft miteinander vermischt.
a) Spannungsabbau (Hauptzweck)
b) Trocknen (günstiger Nebeneffekt)

Um den Estrich zu trocknen, müsste man gar nicht zwingend ausheizen, das würde auch von selbst passieren, nur halt langsamer. Ein natürlich getrockneter Estrich muss aber trotzdem ausgeheizt werden, damit die Ausdehnungen später keinen Schaden an den Böden anrichten. Umgekehrt muss ein ausgeheizter Estrich nicht zwangsläufig belegereif sein. Die Spannungen sind zwar abgebaut, aber er kann noch zu viel Restfeuchte enthalten.

Bis zu welcher Temperatur ausheizen?
Das größte Missverständnis überhaupt!
Häufig liest man in Datenblättern von Estrichherstellern "maximale Vorlauftemperatur 55 °C!".
Das kommt aus der Zeit von Hochtemperatursystemen und soll den Estrich vor Schäden bewahren. Keinesfalls ist das als Zieltemperatur von Niedertemperatursystemen zu verstehen. Der Estrichleger kann jedenfalls keine effektive Ausheiztemperatur vorgeben, das ist Sache des Installateurs.

Es wird bis zur Auslegungstemperatur des Systems geheizt. Das ist die maximal erwartbare Vorlauftemperatur. Ein gut geplanter Neubau, mit womöglich FBH FBH [Fußbodenheizung] + BKA wird bei NAT nicht mehr als 30 oder 32 °C VL VL [Vorlauf] sehen. Wenn man es nicht genau in Erfahrung bringt, kann man ziemlich sicher davon ausgehen, dass der VL VL [Vorlauf] im Neubau nicht über 35 °C gehen wird. 

Ab wann kann ausgeheizt werden?
Bei Zementestrich muss 21 Tage gewartet werden. Tage mit weniger als 15 °C mittlerer Raumtemperatur zählen sogar nur 0,7. Das sind dann bis zu 30 Tage Wartezeit. Bevor man mit dem Programm starten kann, muss der Estrich erst einmal auf 15 °C vorgewärmt werden. Das kann im Winter auch schon einige Tage dauern, wenn man es energiesparend gestalten möchte. Man sieht schon, dass es viele äußere Einflussfaktoren gibt. 

Wie lange muss ausgeheizt werden?
Die Summe aus Aufheizen + Halten + Abheizen muss mindestens 11 Tage betragen.
Langsamer ist natürlich erlaubt und auch anzustreben, das bedeutet schonender und energiesparender. Laut Norm darf maximal 5 K pro 24h angehoben werden. In Bezug auf den bevorzugten Einsatz der Wärmepumpe mit Verdichter und ohne Heizstab ist dies aber meist unmöglich und pure Energieverschwendung. Vernünftige Stufen sind 2 K pro Tag, es kann aber auch nur 1 K geboten sein. Das hängt auch vom fertigen Dämmzustand und der Außentemperatur ab. 

Heize ich zu schnell aus?
Zu schnelles Anheben der Temperaturen äußert sich dadurch, dass zwar der VL VL [Vorlauf] ansteigt, aber der RL RL [Rücklauf] nicht oder nur sehr langsam hinterherkommt. Die Spreizung und somit auch die Leistung wird sehr groß, die gewünschte mittlere Temperatur im Estrich fällt aber ab. Besser ist eine gleichmäßige Temperatur bei kleiner Spreizung. Am RL RL [Rücklauf] in Bezug auf den VL VL [Vorlauf] sieht man sehr gut, ob man gut dosiert ausheizt, oder ob man zu schnell unterwegs ist und der Wärmepumpe zu viel Leistung (ev. Heizstabeinsatz) abverlangt.

von christoph1703, nala123, Msgruber, Bauherrjoe, johnnypiloto, Tomlinz, AnnaP, manuon, Destroent, Puitl, Landei

  •  rabaum
  •   Gold-Award
5.11.2024  (#1)
Ich begleite gerade wieder ein Estrich Ausheizen. Das Thema der gewünscht kleinen Spreizung ist bereits etwas schwierig geworden, da die Temperaturen doch recht nahe an den Gefrierpunkt gehen

_aktuell/20241105357442.png
Wir wollten den Verdichter noch nicht komplett freigeben, fahren aber meistens bei 90 Hz mit der 1255-6. Jede Lüftung kostet wieder etwas und der Rücklauf kommt nur sehr gemächlich dem angehobenen Vorlauf hinterher.

_aktuell/20241105868543.png

Anhebung im beginnenden Winter in der Praxis:

Mit diesen Rahmenbedingungen ist eine Anhebung von 1 K pro Tag ziemlich das Limit, wenn es noch energiesparend sein soll. Die Menge an gespeicherter Feuchtigkeit, die erst verdunstet werden muss, verschlingt eine enorme Energie.

Lüftverhalten:
Kurzes Stoßlüften zeigt auch zahlenmäßig die beste Wirkung. Es ist der Kompromiss aus schnell eine gewisse Menge Feuchtigkeit loszuwerden und nicht zu viel Wärme zu verlieren. Die Wiederaufheizphase würde sonst noch länger dauern.

1
  •  manuon
5.11.2024  (#2)
Schön das du immer ausgiebig deine Erfahrungen teilst, hat mir schon dessöftern geholfen. Danke dafür!

Die 1 K kann ich bestätigen, dass ist genau was ich mit der S1156-8 und unvollständiger Dach-Dämmung einigermaßen gut schaffe.

Leider habe ich bei mir Probleme mit Feuchte an sichtbaren Holzbauteilen bekommen und musste nun die Frequenz zum Stoßlüften deutlich erhöhen. Lüfte jetzt konsequent alle 2 Stunden - auch nachts. Die Spreizung nimmt bei aktuell -1 AT AT [Außentemperatur] natürlich deutlich zu, ist bei mir ähnlich wie in deinem Fall. Aber wohl alternativlos, das Wasser will nunmal irgendwo hin.

Weitere Herrausforderung - was ich deutlich unterschätzt habe - Handwerker!
Ein Tag Handwerker auf der Baustelle = zwei verlorene Ausheiztage

Evtl. kannst du auch Infos zu den Sole-Temps teilen und wann du wiso welche Temps oder Verdichterdrehzahlen freigibst? Bin aktuell selbst bei 3,9/-0,5 und hab noch etwas Strecke vor mir 👀

1
  •  Destroent
5.11.2024  (#3)
Wie genau wird das eigentlich mit Ausheizen mit der VL VL [Vorlauf]-Temp. Bei der Stiebel Eltron peilt er eine HK Temp an. Ich habe mit Basis 25° gestartet für 3-Tage, danach Anhebung 2K, derzeit bei HK Temp 31° (bei mir sind es nur 2 Räume und die anderen gedrosselt. Musste aber nicht das ganze Haus mit aufheizen, daher funktioniert das hoffentlich mit den 2K). Die HK Temp bei der Stiebel heißt aber nicht das er jetzt mit 25° VL fährt, sondern er errechnet sich einen Wert aus VL VL [Vorlauf] und RL RL [Rücklauf].

Bei HK 25°


_aktuell/20241105231677.png

Bei 29° (bis 17:00) danach 31°

_aktuell/20241105670857.png

1


  •  rabaum
  •   Gold-Award
5.11.2024  (#4)
Für mein Gefühl wird das schon zu spezifisch hier. Nicht böse gemeint, lass uns das in einem eigenen Thread behandeln. 

Ausheizen mit der SE...

1
  •  rabaum
  •   Gold-Award
6.11.2024  (#5)
Um ein Gefühl zu bekommen, welche Energie hier in den Estrich geht.
Verdichter nun freigegeben, das macht 7,5 kW x 24h = 180 kWh pro Tag.
Zum Vergleich, der ganze November hat in dieser Gegend weniger als 1.500 kWh HWB.

Und das bei einer moderaten Anhebung von 1 K pro Tag.
Über den Wärmemengenzähler kommt eine Spur weniger an, weil die WP WP [Wärmepumpe] stellenweise kurz vom Gas geht, wenn der VL VL [Vorlauf] passt, nach dem Lüften wird wieder etwas nachgefeuert.

1


Beitrag schreiben oder Werbung ausblenden?
Einloggen

 Kostenlos registrieren [Mehr Infos]

Nächstes Thema: Dimensionierung LWP......von 4 bis 11 kW alles dabei!