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Kellerplanung in Hanglage - eine Seite nach Aushub frei lassen

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  •  freiraum
17.3. - 23.3.2025
12 Antworten | 4 Autoren 12
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_aktuell/20250317206165.jpg

Liebe Baurechts-Experten,

unsere Planung beginnt mit dem Keller, weil abhängig von der Realisierungsmöglichkeit dort zwei Schlafzimmer geplant werden könnten, was für die oberen Geschoße weniger Flächen erforderlich machen würde.

Die Idee wäre eine Seite nach dem Aushub frei zu lassen (siehe Skizze). Der Aushüb müsste auf einer ebenfalls im Eigentum befindlichen Fläche im Grünland ebenfalls erfolgen. Wir sind uns nicht sicher inwieweit es hierzu einer Genehmigung bedarf, weil ja ja am Ende im Grünland nichts errichtet wird (nur Aushub und Rekultivierung - z.B. mit Blumenwiese). Der Mutterboden könnte dort wieder aufgebracht werden.

Der Bauwich vom Gebäude zur Grundgrenze wird eingehalten. Kein Teil des Kellers würde über das ursprüngliche Bezugsniveau ragen.

Weil die NÖ-Bauordnung für uns doch recht komplex ist, würde ich euch um Eure Meinung ersuchen. Übersehen wir hier etwas? Gibt es Gründe warum dies so vielleicht gar nicht möglich ist?

Vielen Dank vorab!

LG

  •  Krautla
17.3.2025  (#1)
Bewilligungspflichtiges Bauvorhaben (Geländeveränderung - NÖ BO § 14 Z. 6) sind im Grünland nur dann und nur in jenem Umfang zulässig, als dies für die Widmungsgemäße Nutzung des Grünlands erforderlich ist. Bei der Erforderlichskeitsprüfung ist darauf Bedacht zu nehmen, ob für das beabsichtigte Bauvorhaben geeignete Standorte im gewidmeten Bauland auf Eigengrund zur Verfügung stehen (NÖ ROG § 20 Abs. 4). Die Abgrabung im Grünland ist demnach nicht möglich.

Aufseiten des Baulands ist der § 67 der NÖ BO einzuhalten.

"§67 (1a)Im Bauland darf das Gelände nach Fertigstellung an Gebäudefronten und in einem Abstand von bis zu 3 m von Gebäudefronten auf demselben Grundstück nicht mehr als 1,5 m unter dem Bezugsniveau liegen. Ausgenommen davon sind:
-Bauwerke im Bauland-Betriebsgebiet, Bauland-Industriegebiet und Bauland-Sondergebiet,
-bei Wohngebäuden mit nicht mehr als 2 Wohnungen und bei Nebengebäuden: ein Stiegenabgang und eine Garageneinfahrt mit einer Breite von insgesamt nicht mehr als 5 m pro Gebäude,
-bei sonstigen Hauptgebäuden: Stiegenabgänge oder Garageneinfahrten mit einer Breite von insgesamt nicht mehr als 8 m pro Gebäude."

Auch das ist bei eurem Entwurf nicht eingehalten.

In der Skizze scheint auch im Bauland ein Gefälle von links nach rechts vorzuliegen. Eventuell lässt sich hier das Gelände im Bauland entsprechend ausnutzen.

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  •  christoph1703
17.3.2025  (#2)
Eventuell auch alles ein Stück höher setzen, damit der Keller rausschaut?

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  •  freiraum
17.3.2025  (#3)

_aktuell/20250317581784.jpg

Vielen Dank Krautla für die sehr fachkundige Einschätzung. Schade, dass es so nicht gehen wird - wäre zu schön gewesen.

Hätte jetzt einmal die Variante mit dem Ausgang am Baugrundstück über eine Stiege durchgespielt. Würde sich dieser Entwurf mit der Bauordnung decken, oder habe ich hier wieder etwas falsch verstanden?

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  •  querty
  •   Gold-Award
17.3.2025  (#4)
Das ist zwar nicht fachlich zum Thema, aber du möchtest eine Stiege zum Keller hin machen?!
Würde ich auf jeden Fall vermeiden - wenn du nicht möchtest dass beim nächsten Starkregen der Keller überflutet wird.

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  •  christoph1703
17.3.2025  (#5)
Die Geländeänderung ist bewilligungspflichtig und damit im Grünland unzulässig.

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  •  Krautla
18.3.2025  (#6)
Zumindest der § 67 scheint nun eingehalten.

Falls noch Aufenthaltsräume im Keller geplant sind, wäre OIB 3 Pkt. 11.1 zu prüfen - Das Fußbodenniveau von Aufenthaltsräumen von Wohnungen muss wenigstens an einer Fensterseite über deren gesamte Länge über dem an den Aufenthaltsraum angrenzenden Gelände nach der Bauführung liegen.

Die Details würde ich jedenfalls noch mit deinen Planverfasser abklären.

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  •  freiraum
18.3.2025  (#7)
Danke! Ein User hat mich bereits ebenfalls auf OIB 3. Pkt. 11 der OIB Richtlinie hingewiesen und mir dankenswerterweise den Tipp gegeben davon im Falle eine Ausnahme gemäß gem. § 5 NÖ Bautechnikverordnung zu beantragen.

Problematischer sehe ich bei dieser Variante selbst die Änderung des Bezugsniveaus am Baugrundstück (eingezeichnete Begradung der Fläche in Hanglage durch  - hier soll ein Garten entstehen). Könnte soetwas überhaupt bewilligt werden? Aus der Bauordnung würde ich schließen, dass dies nur in Sonderfällen wie z.B. Wannenlage möglich wäre (67 NÖ BO). Die angrenzenden Baugrubdstücke liegen alle höher - zu einer Beeinträchtigung der Sicht würde es folglich nicht kommen. Gibt es hier vielleicht eine Regelung die eine solche Anschüttung und Begradigung ermöglichen würde?

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  •  Krautla
20.3.2025  (#8)
Hatte gestern einen ähnlichen Fall und bin das Thema nochmal genau durchgegangen. Dabei bin ich auf einen Fehler in meinen ersten Kommentar gestoßen.

zitat..
Krautla schrieb: Bewilligungspflichtiges Bauvorhaben (Geländeveränderung - NÖ BO § 14 Z. 6) sind im Grünland nur dann und nur in jenem Umfang zulässig, als dies für die Widmungsgemäße Nutzung des Grünlands erforderlich ist. Bei der Erforderlichskeitsprüfung ist darauf Bedacht zu nehmen, ob für das beabsichtigte Bauvorhaben geeignete Standorte im gewidmeten Bauland auf Eigengrund zur Verfügung stehen (NÖ ROG § 20 Abs. 4). Die Abgrabung im Grünland ist demnach nicht möglich.

Dies stimmt zwar grundsätzlich, jedoch gibt es eine Ausnahme im 14 Z. 6. Dies betrifft nur Geländeveränderungen im Bauland! Somit sind Geländeveränderungen im Grünland nicht bewilligungspflichtig und auch gemäß NÖ ROG § 20 Abs. 4 nicht zu prüfen. Im Fall des ersten Bildes wäre somit nur die Geländeveränderung innerhalb des Bauwichs von der Baubehörde zu betrachten.

Bzgl. der Geländeveränderung gibt es 2 Anwendungsfälle:

§ 67 Abs. 3 - Die Wannenlage innerhalb des eigenen Grundstücks
Hierbei darf das Bezugsniveau erhöht werden, wenn das Bezugsniveau am derzeit tiefsten Punkt des Grundstücks mehr als 0,5 m unter der Höhenlage des Bezugsniveaus am nächstfolgenden Punkt der Grundgrenze liegt. Falls diese Voraussetzung erfüllt wird würde sich hieraus ein kegelförmig zu den Grundgrenzen abfallendes Bezugsniveau, ausgehend von bestehenden höchsten Punkt des Bezugsniveaus ergeben.

§ 67 Abs. 3a - Die grenzübergreifende Wannenlage / Angleichung an den linken und rechten Nachbar gemessen in einem Schnitt parallel zur Straßenfluchtlinie
Dies ist anhand der Darstellungen in der NÖ BO recht gut erklärt. Erwähnenswert wäre das diese Variante auch für 2 Grundstücke gemeinsam angewendet werden kann.

Ob eine der Varianten anwendbar ist, müsste man anhand des vorliegenden Geländeverlaufs (Geometer / NÖ Atlas) genau prüfen.

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  •  christoph1703
20.3.2025  (#9)

zitat..
Krautla schrieb: Somit sind Geländeveränderungen im Grünland nicht bewilligungspflichtig

Wo liest du das raus? Die Ausnahme in § 14 Z. 6 bezieht sich doch auf Fälle, in denen die Änderungen quasi von der Gemeinde aufgetragen werden?


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  •  Krautla
20.3.2025  (#10)
 

zitat..
christoph1703 schrieb: Wo liest du das raus?

§ 14 Z. 6:

"die Veränderung der Höhenlage des Geländes und die Herstellung des verordneten Bezugsniveaus ausgenommen im Fall des § 12a Abs. 1 jeweils auf einem Grundstück im Bauland und im Grünland-Kleingarten sowie die Erhöhung und Abänderung des Bezugsniveaus gemäß § 67 Abs. 3 und 3a auf einem Grundstück im Bauland"

Auch hier habe ich wieder auf Grünland-Kleingarten vergessen. Sorry





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  •  christoph1703
20.3.2025  (#11)
Ah, also ab "jeweils" ist es wieder allgemein und nicht auf § 12a Abs. 1 bezogen. Danke für die Klarstellung!

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  •  freiraum
23.3.2025  (#12)
Vielen Dank für Eure Beiträge und das Bemühen meine Fragen hier zu beantworten! Ich hatte jetzt bezüglich unseres Vorhabens die einmalige Gelegenheit die Einschätzung von jemandem zu bekommen, der aus jahrzehntelanger Praxis im niederösterreichischen Baurecht äußerst sachkundig ist. Ich möchte daher hier noch zusammenfassend das teilen, was ich daraus mitnehmen konnte, um vielleicht anderen damit zu helfen, die vielleicht auch einmal eine Antwort auf eine ähnliche Frage suchen. Vorweggenommen: folgendes sollte gemäß NÖ-Bauordnung in unserer Situation bewilligungsfähig sein:


_aktuell/20250323209861.jpg

1.) Die geplante Abgrabung im Grünland fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich der niederösterreichischen Bauordnung. Eine allfällige Bewilligungspflicht nach Naturschutzgesetz hierfür würde erst ab einer Fläche > 1.000m² entstehen. Dies ist hier nicht der Fall

2.) Die 1,5m-Regelung gilt ausgehend vom ursprünglichen Bezugsniveau. Da dieses in der Hanglage abfällt, kann im Falle eines Stiegenabgangs wie in der obigen Skizze der 5m-Ausnahmebereich ab der Stufe gemessen werden, deren Kante diese Grenze unterschreitet.

3.) Für die OIB Richtlinie 3 im Punkt 11.1 kann eine Ausnahme gemäß §5 NÖ Bautechnikverordnung beantragt werden. Dies muss beim Bauansuchen ausdrücklich (schriftlich) verlangt werden (dass der Punkt 11.1 der OIB-Richtlinie 3 NICHT zur Anwendung kommen soll)

4.) bezüglich der in weiter oben beschriebenen Variante 2 (Ausführung am Bauland mit entsprechenden Materialanschüttungen) muss zwischen 1.) Veränderungen des Geländes bei unverändert bleibendem Bezugsniveau und 2.) Abänderungen des Bezugsniveaus unterschieden werden. Im 1. Fall sind die Bestimmungen des § 67 Abs. 1 und 1a zu beachten. Sofern es sich also um keine Änderung des Bezugsniveaus handelt, sollte hier die Frage nach Wannenlage etc. keine Rolle spielen.

5.) Sollte in Zukunft jemand auf der bewilligt angeschütteten Fläche im Bauland bauen wollen, dann gilt folgendes: Maßgeblich für Fragen z.B. hinsichtlich Einhaltung Gebäudehöhe, Gebäudeklasse, Abstände udgl. ist weiterhin das ursprüngliche, unveränderte Bezugsniveau.
Das heißt nicht, dass die bewilligte Geländeveränderung  wieder auf das Bezugsniveau zurückzuführen wäre. Die bewilligte Geländeveränderung kann bleiben. Aber: bei einem künftigen Bau wird z.B. die Gebäudehöhe nicht nach der Lage des bewilligten tatsächlichen Geländes bemessen, sondern nach dem weiterhin unverändert bleibenden (alten) Bezugsniveau.  

Es wird bei uns noch etwas dauern, bis es zu einer Einreichung kommt. Ob wir am Plan noch Änderungen vornehmen werden, kann ich derzeit noch nicht sagen. Sofern wir diesen so beantragen, und der Bau auf diese Art bewilligt wird, würde ich dies an hier dann noch einmal bestätigen. Momentan soll dies daher nur als Anhaltspunkt gelten, was aus der Sicht eines Experten  in der aktuellen Situation gemäß Bauordnung bewilligungsfähig sein sollte.
LG freiraum



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